Vince Ebert im Interview

Vince Ebert spielte am 23. Oktober bei uns die Köln-Premiere seines neuen Programms „Evolution„. Anschließend stand er unserem Mann vor Ort, Willi Nickolaus, noch Rede und Antwort:

Herr Ebert, ihr neues Programm heißt „Evolution“. Was hat sie dazu veranlasst, sich diesem Thema abendfüllend zu widmen?
Das Thema „Leben“ beschäftigt uns alle. Um Leben zu erzeugen, braucht man übrigens nur Ammoniak und Methan. Gase, die in jeder öffentlichen Toilette zu finden sind. Wenn man beide zusammenbringt und ein bisschen wartet, entwickelt sich nach einiger Zeit Leben in Form einer ölig-schleimige Substanz. Quasi die Vorform eines Versicherungsvertreters.

War der Schimpanse auf Ihrem neuen Plakat beim Fotoshooting dabei oder ist es eine Bildmontage?
Das war alles echt! Das Fotoshooting mit Sina, einer 13jährigen Schimpansendame, dauerte fünf Stunden. Es war unfassbar zu sehen, wie menschlich so ein Affe ist. Kein Wunder, denn unsere Entwicklungslinien haben sich erst vor 5 Millionen Jahren getrennt. Würde man eine Menschenkette bilden, bei der sich Mutter, Großmutter, Urgroßmutter usw. an den Händen hielten und würde man in München anfangen, dann wären wir in Mannheim bei unserem letzten gemeinsamen Vorfahren angekommen. Und wer schon mal in Mannheim war, weiß, was ich meine.

Wenn man für ein paar Stunden einem Affen so nahe ist – welche menschlichen Züge kann man dabei beobachten?
Sina liebt IPads. Als wir ihr ein IPad-Imitat für das Shooting gaben, machte sie mit ihrem Finger auf dem Screen die klassischen Wischbewegungen und war völlig verwirrt, dass das nicht funktionierte.

Und welche tierischen bei einem selbst?
Ich hätte das Ding wahrscheinlich vor Wut in die Ecke gepfeffert.

Wäre das Zusammenleben untereinander nicht unkomplizierter, wären wir einfach Affen geblieben?
Wenn wir Bonobos wären, auf jeden Fall. Bei denen herrscht kein Beziehungsstress, sondern Polygamie. Deswegen ist Treue für uns Menschen auch so schwierig. Und zwar nicht nur für uns Männer. Frauen betrügen genauso oft. Man hat sogar herausgefunden, dass Frauen am häufigsten an ihren fruchtbaren Tagen fremdgehen. Männer übrigens auch.

Das menschliche Genom und dies des Schimpansen stimmen zu einem Prozentsatz von 99 Prozent überein. Was macht – rein genetisch gesehen – den Unterschied aus?
Forscher vermuten, es sei die Fähigkeit, sich in andere hineinversetzen zu können. „Joint Attention“ nennt man das im Fachjargon. Schon Kleinkinder versuchen ihren Eltern zu zeigen, was sie gerade interessiert. Was manchmal ziemlich nervig sein kann. Schimpansen machen das nicht. Auch Scham oder Verlegenheit ist denen völlig fremd. Okay, den Teilnehmern von Casting Shows auch …

 Machen wir genug aus unserer Überlegenheit?
Wie man’s nimmt. Wir haben immerhin das Rad, die Teflonpfanne und den Bausparvertrag erfunden. Das hat die Welt innerhalb von kürzester Zeit komplett verändert. Ohne die Erfindung der Glühbirne müssten wir heute noch bei Kerzenlicht fernsehen. Andererseits haben wir auch Atomwaffen entwickelt, mit denen wir problemlos alles menschliche Leben auslöschen könnten. Das soll uns ein Schimpanse erst mal nachmachen.

Warum ist das Leben gerade auf unserem Planeten entstanden und nicht auf einem anderen?
Weil auf der Erde optimale Bedingungen für Leben herrschen. Nicht zu warm, nicht zu kalt, freundliches Sonnenlicht, sanft bewässert. Mit einem großen Mond, der die Erdachse stabilisiert und die Rotation verlangsamt. Okay, es gibt auch Wüsten, es gibt Slums, es gibt Ostwestfalen, aber im Grunde existieren hier paradiesische Zustände. Verglichen mit der Konkurrenz: Ein paar Kilometer weiter auf dem Merkur ist es tagsüber 400 Grad heiß, nachts – 170 Grad. Wenn Sie da übers Wochenende wegfahren, was sie da alles an Klamotten einpacken müssen.

Wenn man sich mit dem Universum befasst, dass aus Milliarden von Galaxien besteht. Kommt man sich da selber nicht manchmal unheimlich klein und unbedeutend vor?
Dafür haben wir ja unsere typisch menschliche Selbstüberschätzung. Obwohl das Weltall unfassbar groß ist, glauben viele, das Universum kreist nur um uns. Die Esoterik ist ja ist deswegen so beliebt, weil sie sagt: Du bist etwas ganz Besonderes in diesem Universum. Und die Sternbilder da oben sind nur dazu da, damit du einen coolen Aszendenten hast. Das ist natürlich Quatsch. Als Naturwissenschaftler glaubt man nicht an diesen Hokuspokus. Ich bin überhaupt ein sehr skeptischer Mensch. Das ist ganz typisch für uns Zwillinge.

Astronomen haben gerade die entfernteste Galaxie am irdischen Himmel entdeckt. Reizt es Sie da manchmal nicht, noch einmal unter die Wissenschaftler zu gehen.
Mir macht es am meisten Spaß einem Publikum, das aus Physikprofessoren genauso wie aus Supermarktkassiererinnen besteht, die Faszination Wissenschaft näher zu bringen. Die Bühne ist sozusagen mein Labor. Und dieses Experiment ist jeden Abend hochspannend.

Sie sind studierter Physiker, aber befassen sich in Ihren Programmen mit allen möglichen Wissenschaften. Wirkt es einschüchternd auf Ihre Mitmenschen, dass Sie so viel wissen?
Das Paradoxe daran ist: Als Physiker weiß man am genauesten, wie wenig wir eigentlich wissen: Was war vor dem Urknall? Kann die Zeit rückwärts laufen? Womit schnurren Katzen? Und warum kotzen die immer nur auf den Teppich und nie aufs Parkett?

Sie müssen für Ihre Programme sehr viel recherchieren, Wissen sammeln und auswendig lernen. Wirkt es sehr befreiend, wenn Sie nach Monaten im stillen Kämmerlein, Ihr Wissen mit dem Publikum endlich teilen können?
Auf jeden Fall. Da muss man in der Wissenschaft schon längeren Atem haben. Der diesjährige Nobelpreisträger Peter Higgs, hat den Higgs-Mechanismus, für den er ausgezeichnet wurde, schon 1964 entdeckt. Und jetzt erst erntet er Applaus. So lange muss man als Wissenschaftskabarettist zum Glück nicht warten.

Im Allgemeinen hält man Physiker für eher introvertiert. Waren Ihre ersten Bühnenauftritte eine große Überwindung für Sie?
Ich bin auch heute noch nicht die richtig große Rampensau, sondern versuche eher, in ruhigem Ton meine Gags aufzubauen. Das liegt vermutlich tatsächlich am Fach. Wissen Sie, wie man einen extrovertierten von einem introvertierten Physiker unterscheiden kann? Der extrovertierte guckt beim Sprechen nicht auf seine Schuhe, sondern auf Ihre …

Was macht Ihnen mehr Spaß: Ihr Wissen zu vermitteln oder das Publikum zum Lachen zu bringen?
Wenn beides zusammenkommt, habe ich meinen Job richtig gemacht.

In Ihrer Sendung „Wissen vor 8 – Werkstatt“ stellen Sie sich jedem noch so skurrilen naturwissenschaftlichen Phänomen. Für  ihr neues Buch „Bleiben Sie neugierig!“ haben Sie die spektakulärsten zusammengestellt. Was ist ihr absolutes Lieblingsphänomen aus dem Buch?
Die Frage, ob es sicherer ist, besoffen nach Hause zu fahren oder zu laufen. Das verstörende Ergebnis ist: Wenn ein Betrunkener nach einer Kneipentour nach Hause läuft, besitzt er ein achtmal höheres Risiko, bei einem Unfall ums Leben zu kommen, als wenn er nach Hause gefahren wäre. Deswegen ein heißer Tipp: Fahren Sie nach der nächsten Party lieber mit dem Taxi nach Hause. Aber achten Sie in jeden Fall drauf, dass der Taxifahrer nüchtern ist.

Habt Ihr den Termin von Vince Ebert in Köln verpasst oder seid gar nicht aus Köln? Unter nachfolgendem Link findet Ihr alle weiteren Termine…

http://vince-ebert.de/docs/termine/tourplan.php

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Tag 17

WOW, das war ein würdiger Abschluss! Was für eine Party.
VIELEN DANK an alle Künstler, Veranstalter, Theater, Agenturen, Geschäftspartner und Zuschauer für die letzten großartigen 17 Tage.
Es hat uns riesen Spaß gemacht und wir freuen uns jetzt schon auf das nächste Mal mit euch allen!

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Tag 16

Am vorletzten Tag unseres Festivals ließ es Kay Ray im Gloria richtig krachen. Willi Nickolaus, unser Mann vor Ort, hat einiges zu berichten:

„Für all diejenigen, die gestern im Gloria nicht dabei sein konnten, schon mal vorweggenommen: Den als Enfant Terrible der deutschen Bühnenlandschaft geltenden Künstler Kay Ray muss man einfach gesehen haben! Und er ist wirklich ein schrecklicher Kindskopf, der nur Flusen im Kopf hat und nicht erwachsen werden will. Seine Maxime: Das Beste von Allem ist gerade gut genug.

Anstatt tütenweise Gummibärchen zu verputzen, genehmigt er sich Bier, Wodka und Zigaretten im Überfluss. Sein „SingStar“ ist seine Band, die seine Coverversionen von Kate Bush, Rio Reiser, Udo Lindenberg und verschiedenen anderen Künstlern musikalisch unterlegt. Sein Lieblingsspielzeug ist das Gesangseffektgerät, das ihn mit Hall, Chorus und Echo bespaßt. Die Spielwiese ist sein Publikum, das seine derben Stand-Up-Einlagen und Witze über Heten, Schwule, Christen, Juden, Alte und Behinderte zwischen den Liedern nicht nur über sich ergehen lässt, sondern auch frenetisch abfeiert.

Wie man Kindern eigentlich nichts nachtragen kann, so ist dies auch bei Kay Ray der Fall. So nimmt es die ältere Dame, die sich auf der Bühne von Kay, dem gelernten Friseur, ihre Flusen mittels einer ganzen Dose Haarlack toupieren lässt, einfach mit Humor. Selbst der Herr mit der Glatze, dem Kay mit schwarzem Farbspray eine Hitlerfrisur plus Bärtchen verpasst, geht nachher lächelnd von der Bühne.

Hatten wir alle Highlights des kindlichen Daseins schon? Halt – da fehlt noch was: die Entdeckung der Sexualität. So hat Kay Ray für sich entdeckt, dass er mit seinem Piephahn durch Modellieren und Stretchen lustige Figuren nachbilden kann, wie zum Beispiel eine Schildkröte. Schmerzerfüllte Blicke haften auf dem nunmehr nur noch mit Socken bekleideten Nackedei, der nicht nur sein bestes Stück in die Länge zieht.Eine ganze Viertelstunde dauert das genitale Kasperletheater, aber für Kay kein Problem – er hat’s nicht eilig und er will noch nicht nach Haus.

Genussvoll saugt er erst noch jeden Lacher und jede Zigarette in sich auf, bis er nach 3 ½ Stunden Bühnenprogramm Erbarmen mit dem arbeitenden Volk hat.

Fein gemacht – gute Nacht!“

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Tag 15

Carla Barzen hat sich die Premiere von Fatih Çevikkollu angeschaut:

„Fatih ist Vati, Rapper und Vorzeige-Deutsch-Türke in einem. In roten Lacksandalen kann er genauso gut die rechte Vergangenheit des Ver- fassungsschutzes anprangern,  wie von seinem brasilianischen Schauspiel- kollegen João berichten, welcher deutsche Hochliteratur für sich entdeckt. Faustdschi, Memphistão und Rapunzão ernten die größten Lacher beim begeisterten Premierenpublikum, direkt gefolgt von einer wunderbaren Spielplatzparodie über Dinkel-Bratzen-Mütter mit ihren mobilen Kinder- wagen-Versorgungsstationen. Lediglich bei der Suche nach dem „SS“ in „Verfassungsschutz“ bleibt manchem Besucher das Lachen im Halse stecken, weil er zu Recht um die wahre Botschaft hinter Herrn
„Cevi-dingsbums“ Satire weiß.“

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Tag 14

Auch heute wurde Köln wieder einmal mehr seinem Ruf als Comedy-Hauptstadt gerecht!

In der Kulturkirche legten Global Kryner eine grandiose Finalshow hin, schade…dies war leider ihr Abschiedskonzert. Maria Vollmer vermittelte im Atelier mit viel Charme und ausdrucksstarkem Gesang die Erkenntnis, dass das Leben niemals schöner sein kann als gerade jetzt. Ken Bardowicks vermischte im Senftöpfchen das Beste aus 20 Jahren Karriere mit viel Neuem, während sich David Werker im Bürgerhaus Stollwerck die Frage stellte, was man nach dem erfolgreich abgebrochenen Studium machen soll.

Die Schräg of Show mit Maxi Gstettenbauer als Moderator, Bürger from the hell, Thomas Lienenlüke und Ingmar Stadelmann im Wohnzimmertheater wurde ihrem Namen wieder einmal mehr als gerecht und bei Tiere streicheln Menschen im artheater wechselten Martin Gotti Gottschild und Sven van Thom zwischen herrlich bekloppten Stories und wunderbar schrägen Liedern.

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Johnny Hollywood präsentierte seine bereits 11. American Style Stand-up Show und brachte mit den Comedians Henrik Elmer, Sarah Donnelly, Masud sowie MF David Deery, den Jameson Irish Pub zum Kochen während im roten Saal der Comedia Vince Ebert über das Geheimnis des Lebens philosophierte, natürlich naturwissenschaftlich fundiert und gnadenlos komisch.

Hollywood

Und was war im grünen Saal der Comedia los?  Wir fragten einen unserer Besucher, Steffen Lang:

 „Zeitgleich mit Vince Ebert eine Etage tiefer in der Comedia warb am Mittwochabend Sprachjongleur Fritz Eckenga um Gunst und Applaus des geneigten Publikums. Und dies mit seinem brandneuen Soloprogramm namens „Von Vorn“, wörtlich zu nehmen in vielerlei Hinsicht. Nachdem der erste Ärger über eine aufgrund von Reservierungen komplett unbesetzte erste Reihe verflogen war ( „Wenn Sie bespuckt werden wollen – kommen Sie nach vorne!“), lief der Meister des Gesprochenen zu Hochform auf und schnellsprechte sich in seinem Ruhrgebietsjargon einmal quer durchs Land. Begonnen in dt. Vorstandsetagen mit ihren ganz eigenen Sprachblasen wie „Da bin ich ganz bei Ihnen“ oder „Öffentlicher Raum? früher hieß das: Draussen!“. Über Ostwestfalen, wo die neuen Möbel offensichtlich gekonnt gefurzt werden, bis ins anscheinend von jeglichem Leben und sämtlichen Eichhörnchen verlassenen Nordhessen.

Zwischendurch immer wieder Mails an Bekannte und Unbekannte, zuallererst Neubundestagsvize Claudia Roth, die offenbar deshalb soviel redet, weil sie sich so gern beim denken zuhört.

Zum Abschied zwei Gedichte, zum Thema November (‚…bist ein Arschgesicht), und dem passenden AntiDepressivum: Wein (‚ Da bissuja Mein roter Bruder Dadi Dadu Dadi Daduda!‘).
Und Ende! Aus! Applaus! Toller Abend.“ Danke, Steffen

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Tag 13

NightWash!

Von der größten Mixed Show in der LANXESS arena bis zur selbsternannten „Beste Mixshow Deutschlands“ – als Auszubildende zur Veranstaltungskauf- frau erlebt man viel im Köln Comedy Festival! NightWash präsentierte das Beste aus dem Comedy-Waschsalon auf großer Bühne im Gloria Theater. Comedypreis-Gewinner Luke Mockridge, vom Aussehen her unser deutscher Robert Pattinson,  führte mit viel Humor durch das Stand-Up Happening. Zusammen mit Uli Grewe, dem Live Looper, ließ er als mehr oder vielleicht doch eher weniger talentierter Sänger Justin Bieber und Konsorten im Schatten stehen.

Von David Werker, der sein Studium gegen eine Karriere als Komödiant eintauschte, lernte ich: Der späte Wurm überlebt den frühen Vogel! Mit dieser und anderen Studenten-Weisheiten, die er mit Hilfe seiner Out-of-Bed Friese seeehr authentisch an das Publikum herantrug, brachte David Werker den Saal zum Brodeln.

Poetry Slammer und NightWash Talent Award Gewinner Jan Philipp Zymny zog das Publikum mit Ausschnitten aus dem Tagebuch seiner Schwester in seinen Bann.  „Jan Philipp ist doof und ein Arschloch!“, las er mit einer irritierend hohen Teenie-Stimme vor. Am Ende der Show war an der Lautstärke des Applauses deutlich zu vernehmen, was das Publikum von dem Neuling hielt: 10000000 dB = Spitze!

In mein Herz gesungen und gedichtet hat sich Martin Zingsheim. Von der Gestik, mit der er die Texte seiner Lieder unterstreicht, können sich Popsternchen und Konzertpianisten einiges abschauen! Auch sein treffender Vergleich einer Beziehung mit einer Entführung überzeugte mich von ihm. Erst kommt man zusammen, dann isoliert man den Partner sozial und wartet dann in aller Ruhe auf das Stockholm-Syndrom… Ein charmanter Kerl im Anzug, ein Pianist, Poet und Sänger zugleich – zum Dahinschmelzen!

Die anderen NighWash’ler Chris Tall, Jacqueline Feldmann  und Archie Clapp passten gut ins Ensemble des Abends und trugen jeder auf seine eigene Art zu hemmungslosen Lachsalven und Applausstürmen bei.

Alles in Allem eine Show, die sich gewaschen hat! Von den Waschsalon-Talenten wird man in Zukunft sicher viel hören!

Bleibt sauber!

Eure Sarah Schulz
„Austauschauszubildende“ des Köln Comedy Festivals

 

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Tag 12

Lustig sind die Köln Comedy Festival Shows ja alle, aber wie schaut’s mit der Alltagstauglichkeit der Ausführungen unserer Künstler aus? Bei den Vorlesern konnte man sich neben Amüsement allerlei praktische Tipps für den Alltag abholen:

Kirsten Fuchs demonstrierte poetisch, wie man die Supermarktkassiererin aus ihrem stumpfen Alltag holen kann, indem man besondere Warenkompositionen aufs Band legt und so ihre Fantasie anregt.

Lutz von Rosenberg Lipinsky half den Zuhörern dabei, ihre Ängste von Höhenangst über Dentistophobie bis Zemophobie (Anm.d.R.: Angst vor Maulwürfen) zu umarmen und zu genießen, zum Beispiel den wunderbaren Anblick des Stadtpanoramas von Barcelona, wenn man gerade von dem Verbindungsgang der Türme der Sagrada Familia in den Tod stürzt.

Hans Zippert erklärte, was zu tun ist, wenn’s im Bett nicht klappt: näheres dazu kann an dieser Stelle nicht erläutert werden, da wir keine Alterssperre für unser Logbuch haben.

Und Timur Vermes letztlich zeigte, dass man, wenn gar nichts mehr geht, immer noch als sein eigener Imitator Erfolg haben kann.

Womit ja wohl einwandfrei bewiesen wäre, dass Spaß auch ziemlich lehrreich ist.

 

Tag 11

Während 12,4 Millionen Menschen am Sonntag Abend vor der Glotze saßen um Tatort zu schauen, bejubelten gefühlt fast genau so viele unsere Shows: Fang den Mörder, Tobias Mann, FiL, Bembers und Vocal Recall ! Trotz Sonntag versammelten sich alle Künstler in unserer After-Show Lounge und ließen es bis in die frühen Morgenstunden krachen…

Hella

Tag 10

Willi Nickolaus war heute wieder auf unserem Festival unterwegs und hat sich Hagen Rether angeschaut:

„Hagen Rether ist ein Phänomen. Wenn man wahllos  20 Personen in der Kölner Schildergasse fragen würde, ob sie den Essener Kabarettisten kennen, würden dies wohl mindestens 19 davon verneinen. Und dieser Eine, der ihn kennt, wird höchstwahrscheinlich Hardcore-Fan und einer der rund 1.800 Besucher gewesen sein, die am Freitagabend in die Kölner Philharmonie pilgerten. Es ist nämlich gar nicht so einfach, dem großen, schlanken Zopfträger außerhalb der Bühne oder den wenigen einschlägigen Kabarettsendungen im Fernsehen zu begegnen. Er lässt sich halt nicht wie viele andere Kollegen der Unterhaltungsbranche wie ein Pfingstochse durchs Dorf treiben, er gibt noch nicht einmal Interviews.

Das, was er zu sagen hat, tut er auf der Bühne kund und davon gibt es eine Menge. Im Rahmen seiner 3-stündigen Darbietung spart er nicht an Kritik an der modernen Gesellschaft, die Langeweile nicht ertragen könne und daher zwei bis drei Mal im Jahr in den Urlaub fliegen müsse. Um danach festzustellen, dass es zu Hause ja auch so schön sei, weil man ja noch kurz vorm Abflug noch hektisch aufgeräumt und alles gewachst und gewienert hätte. Zudem nimmt er Neu-Esotheriker aufs Korn, die Geld für Schweigekurse ausgeben oder durch Yoga Retreats in Indien Ausgeglichenheit und innere Ruhe finden möchten, um nach der Rückkehr  ohne Atempause in stundenlangen gehetzten Monologen von ihren Erfolgen zu berichten. Kein Wunder, meint Rether, dass die moderne Gesellschaft so erschöpft sei, denn die klassische Karriere eines jungen Menschen nähme mittlerweile folgenden Lauf: G8, Bachelor, Burnout.

Auch die Politik kriegt ihr Fett weg, die Unsummen für Wahlplakate ausgibt, nur damit Jungendliche auf den gephotoshopten Gesichtern Hitlerbärtchen hinterließen. Bei aller Kritik könne er jedoch so manchen Politskandal aus jüngster Vergangenheit nicht verstehen, denn wer morgens um 3 Uhr in einer Hotelbar nichts besseres zu tun hätte, als sich von Rainer Brüderle anquatschen zu lassen, sei selbst schuld. Ebenso wie die Wähler, die sich während des Wahlkampfs von Politikern blenden lassen und danach voller Verwunderung feststellen müssen, dass sie verarscht worden sind.

Auch die Integrität von Prominenten stellt er in Frage, die sich am Beispiel von Christian Ulmen, Moritz Bleibtreu und Co. für Werbezwecke fragwürdiger Unternehmen einspannen ließen. Rether wünscht sich mehr Rückrat und Protesthaltung und wundert sich daher auch über eine Anne Will, die in ihrer Sendung den Ausspruch „Homosexualität ist widernatürlich“ eines neben ihr sitzenden Bischofs kommentarlos über sich ergehen ließe. Dies ist nicht die einzige Enttäuschung, die Rether mit dem Fernsehen verbindet. Hier gäbe es sowieso nicht viel mehr als „Tatort“ oder Volksmusik – „Auf jeden Fall Gewalt“, wie er schmunzelnd  hinzufügt. Am wenigsten kann er die Zuschauer von N24 verstehen, die sich nachts die 100. Doku über Wurstherstellung oder Flugzeugträger reinziehen würden.

Rether hadert zudem mit dem Konsumverhalten der Deutschen, die auf Bio-Bananen schwören, dabei aber vergessen, dass die Transportflugzeuge sicherlich nicht mit Rapsöl betankt werden. Oder mit dem übermäßigen Fleischkonsum, der für ihn vor allem mit Blähungen behaftet ist. Den von den Kühen nach dem Essen und den vom Menschen… nach dem Essen.

Rether hat dieses Problem nicht – er ist Vegetarier. Zudem wählt er die Grünen, guckt bis auf arte wenig Fernsehen und hat auch mit facebook und Twitter wenig am Hut. Nach den 3 Stunden Programm erfährt das Publikum so einiges über den 44-jährigen gebürtigen Rumänen. Aber es erfährt vor allen Dingen viel über aktuelle Themen, mit denen wir uns mehr beschäftigen müssen. Wer eine Show von Hagen Rether besucht, braucht danach wochenlang keine Debatten im Fernsehen oder Leitartikel in der Süddeutschen zu verfolgen.

Mit viel Liebe zum Detail hält er uns einen übergroßen Spiegel vor. Liebe heißt auch sein Programm und dass schon seit 10 Jahren. Mittlerweile ist er bei „Liebe 4“ angekommen. Möge die Liebe ewig währen!“

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Tag 9

„Es begann alles damit, dass ich als neue Mitarbeiterin des Köln Comedy Festivals beinahe meinen ersten Kapitalfehler begangen hätte, als ich das Programmheft Korrektur las und wiederholt „Keine Anhung“ korrigierte. Gott sei Dank wussten es meine liebenswerten Kollegen besser und wiesen mich darauf hin, dass ich mir doch mal Sascha Grammels Programm zu Gemüte führen solle, damit ich die Sache mit den Puppen und den Sprachfehlern verstehe. Gesagt, getan… 🙂

Am Freitag war es dann so weit und vor meinen Augen wurden im Gürzenich überdimensionale Burger-Häuser und Alien-Puppen ausgepackt und aufgebaut. Spätestens als die Lichter gedimmt waren und Sascha und Frederic Freiherr vom Furchensumpf Autos in einen unsichtbaren Koffer packten, übertönte mein Lachen das der meisten zahlenden Gäste. Jetzt weiß ich auch, was gemeint ist, wenn die Show als noch „grammeliger“ bezeichnet wird ;)“

Carla Barzen, Mitarbeiterin Köln Comedy Festival

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